Um glücklich zu sein, müssen wir nicht ins Kloster und brauchen auch nicht regelmäßig zu meditieren. Um den Sinn des Lebens zu finden vielleicht schon...?
Was bedeutet Glück eigentlich? Und was ist der Sinn des Lebens?
Zwei große, fast schon philosophische Fragen.
Kann man Glück überhaupt allgemein definieren – oder bedeutet Glück für jeden etwas anderes?
Und welchen Sinn oder welchen Zweck hat Glück überhaupt? Was macht den Unterschied aus zwischen einem glücklichen Menschen - und einem unglücklichen?
Und gibt es einen Sinn im Leben? Kann man diesen finden? Und wie hängt der Sinn des Lebens mit dem Glück eines Menschen zusammen? Sind Menschen, die ihren Lebenssinn gefunden haben, automatisch glücklicher?
Glück spielt tatsächlich eine ziemlich wichtige Rolle in unserem Leben und kann einen großen Einfluss darauf haben, wie wir unser Leben leben. Auch wenn Glücksforscher eine allgemeingültige Definition für Glücks noch nicht festlegen konnten, so hat min in den letzten Jahrzehnten doch viel dazugelernt.
Tauchen wir einmal tiefer in die Wissenschaft des Glücks ein. Damit wir verstehen lernen, was Glück eigentlich ist und warum es für unser Leben so wichtig ist! Anschließend schauen wir uns an, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen einem glücklichen Leben und einem bedeutsamen Leben (mit Lebenssinn) existieren.
Möchtest Du gleich ein paar pragmatische Tipps bekommen, um glücklicher zu werden? Dann solltest du meinen Artikel Lernen, glücklicher zu werden durchlesen.
Was ist Glück - ein Versuch einer Definition
Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf die Definition von Glück, damit wir alle auf dem gleichen Stand sind.
Im Oxford English Dictionary lautet die Definition von “Happiness” (dt. Glück) ganz simpel: “The state of being happy.” (dt. “Der Zustand des Glücklichseins”)
Das ist jetzt ehrlich gesagt nicht genau das, wonach ich gesucht habe. Da müssen wir vermutlich doch noch etwas tiefer graben.
Die Definition von “happy” (dt. glücklich) im Oxford English Dictionary ist dagegen schon hilfreicher: “Feeling or showing pleasure or contentment.” (dt. „Freude oder Zufriedenheit empfinden und zeigen.“)
Das klingt schon viel besser! Glück ist also das Gefühl von Freude oder Zufriedenheit. Aus dieser Definition erfahren wir auch schon einige wichtige Punkte über das Glück:
- Glück ist ein Zustand und keine Eigenschaft; mit anderen Worten: es ist kein lang anhaltendes, dauerhaftes Merkmal oder gar eine Charaktereigenschaft, sondern ein flüchtiges, veränderliches Gefühl.
- Glück wird mit dem Gefühl von Freude oder Zufriedenheit gleichgesetzt. Das bedeutet jedoch, dass man Glück nicht mit reinem Vergnügen, Ekstase, Glückseligkeit oder anderen intensiveren Gefühlen verwechseln darf.
- Glück kann entweder ein Gefühl oder ein Ausdruck sein, sodass Glück nicht nur eine innere oder äußere Erfahrung, sondern beides sein kann. Man kann sich also entweder nur innerlich freuen oder seine Freude auch nach außen zeigen. Beides zählt.
Jetzt haben wir ein besseres Verständnis dafür, was Glück ist - oder zumindest davon, wie das Oxford English Dictionary Glück definiert. Diese Definition ist jedoch nicht die einzige mögliche Definition von Glück – sondern nur eine mögliche von vielen anderen.
Was bedeutet Glück in der positiven Psychologie?
In der positiven Psychologie hängt die Bedeutung von Glück wirklich davon ab, wen man gerade frägt.
In der positiven Psychologieforschung ist Glück oft unter einem anderen Namen bekannt: subjektives Wohlbefinden, oder kurz SWB. Einige glauben, dass Glück eine der Kernkomponenten des SWB ist, während andere glauben, dass Glück das SWB selbst ist. Unabhängig davon findet man auch in der Literatur häufig SWB als Abkürzung für Glück.
Und wo wir gerade schon von der Literatur sprechen: hier gibt es überall Hinweise auf das SWB! Eine schnelle Google-Suche nach dem Wort „happiness“ bringt etwas mehr als 2 Millionen Ergebnisse (Stand: 6. Januar 2019). Darüber hinaus liefert eine schnelle Suche nach dem gleichen Begriff in zwei der größten Online-Datenbanken der Psychologie (PsycINFO und PsycARTICLES) 19.139 Ergebnisse aus wissenschaftlichen und anderen Zeitschriften, Büchern, Dissertationen und mehr.
Man ist sich nicht einig - unterschiedliche Aspekte von Glück
Bei so vielen Beschreibungen von Glück ist es kein Wunder, dass eine wissenschaftliche Definition etwas schwierig ist und es gibt sicherlich Meinungsverschiedenheiten darüber, was genau Glück ist.
Laut den Forschern Chu Kim-Prieto, Ed Diener und ihren Kollegen (2005) gibt es drei grundlegende Varianten, wie das Problem einer Definition von Glück in der positiven Psychologie angegangen wurde:
- Glück als eine globale Beurteilung des Lebens und all seinen Facetten
- Glück als Erinnerung an vergangene emotionale Erlebnisse
- Glück als Aggregation mehrerer emotionaler Reaktionen über einen langen Zeitraum (Kim-Prieto, Diener, Tamir, Scollon, & Diener, 2005)
Obwohl sich alle generell darüber einig sind, wie sich Glück anfühlt—mit dem Leben zufrieden sein, gute Stimmung haben, Freude empfinden usw.— haben es die Forscher schwer gefunden, sich über den Umfang des Glücks zu einigen.
Für unsere Zwecke genügt es jedoch, von einer Grunddefinition auszugehen, die die Definition des OED mit der von positiven Psychologen fusioniert:
Glück ist ein Zustand, der von Zufriedenheit und allgemeiner Befriedigung einer aktuellen Situation gekennzeichnet ist.
Vergnügen vs. Glück
Aufgrund der engen Verbindung von Vergnügen und Glück könnte man sich fragen, wie man zwischen ihnen unterscheiden soll. Schließlich beschreibt das OED Glück als einen Zustand des Vergnügens!
Die Assoziation zwischen den beiden ist sinnvoll und sie werden außerhalb der Literatur gerne abwechselnd genutzt; wenn es jedoch um die Wissenschaft der positiven Psychologie geht, ist eine Unterscheidung der beiden Wörter sehr wichtig.
- Glück ist wie oben beschrieben ein Zustand, der von Zufriedenheit und allgemeiner Befriedigung einer aktuellen Situation gekennzeichnet ist.
- Vergnügen ist dagegen eine spontane Erfahrung, die sich auf die positiven Gefühle durch
- gutes Essen,
- eine Massage,
- ein Kompliment
- oder Sex bezieht.
Glück, ist ein - zwar kein permanenter, aber immerhin stabiler - Zustand des Vergnügens. Glück hält in der Regel länger als einen Augenblick an, während Vergnügen in Sekundenschnelle kommen und gehen kann (Paulus, 2015).
Vergnügen kann zum Glück beitragen, und Glück kann Gefühle des Vergnügens verstärken oder vertiefen. Beides kann aber auch völlig unabhängig voneinander sein. Man kann zum Beispiel ein Glücksgefühl verspüren, das auf Bedeutung und Engagement basiert, aber nichts mit Vergnügen zu tun hat. Anders herum kann man auch Vergnügen empfinden, das mit Schuldgefühlen verbunden sein kann, die einen gleichzeitig davon abhalten, sich glücklich zu fühlen.
Der Ursprung und die Etymologie von Glück (inkl. Stammwörter)
Laut Etymology Online stammt das Wort „glücklich“ in den meisten Sprachen vom Wort „lucky“ ab – und eben nicht von dem Wort „happy“. Dies deutet auf einen interessanten Trend hin—vielleicht glaubten unsere Vorfahren, glücklich zu sein hat vor allem etwas mit „Glück haben“ (im Sinne eines glücklichen Zufalls) zu tun?
Es weist auch auf eine mögliche Meinungsverschiedenheit zwischen früheren Generationen und unseren Generationen des 20. und 21. Jahrhunderts hin: Glück ist nicht etwas, das für jeden erstrebenswert sein sollte, sondern eher ein Bonus, der nur einigen glücklichen Menschen zusteht.
Das folgende schreibt der Autor Darrin McMahon über die Ursprünge und Wurzeln des Wortes „Glück“:
„Es ist sehr auffällig, dass in jeder indoeuropäischen Sprache, die bis ins Altgriechische zurückreicht, das Wort für Happiness (Freude) ausnahmslos ein Kognitionspartner für das Wort Luck ist. Hap ist die altnordische und alt-englische Wurzel des Wortes „Happiness“ und bedeutet einfach Glück oder Zufall, wie auch das altfranzösische Heur, heute als Bonheur bekannt. Im Deutschen steht das Wort Glück sowohl für Glücklichsein, als auch für Chance" (McMahon, 2006).
Was bedeutet Selbstglück?
Obwohl der Begriff nicht sehr oft verwendet wird, bezieht sich Selbstglück auf ein Gefühl von Glück oder Zufriedenheit mit sich selbst. Es wird oft mit Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und anderen Konzepten in Verbindung gebracht, die „das Selbst“ mit dem Gefühl von Zufriedenheit und Glück verbinden.
Allgemein bedeutet es, dass man mit sich selbst, seinen Entscheidungen Aktivitäten, zufrieden ist. Man sag auch, man ist mit sich im Reinen.
Warum ist Glücklichsein so wichtig?
Vielleicht fragst Du Dich auch, warum Glück als ein so wichtiger Aspekt des Lebens angesehen wird.
Und vielleicht denkst Du auch: „Klar ist es toll, glücklich zu sein, aber darum geht es doch im Leben gar nicht!“
In gewisser Weise würde die Wissenschaft mit dieser Aussage übereinstimmen, doch auch wenn Lebenszufriedenheit, Sinn und Wohlbefinden oft mit Glück einhergehen, ist das nicht immer der Fall.
Darüber hinaus haben viele Forscher festgestellt, dass Menschen, die ein mit Sinn erfülltes Leben führen, zufriedener sind als Menschen, die sich oft glücklich fühlen. Glück ist also nicht unbedingt das übergeordnete Ziel für jeden.
Glücksgefühle sind jedoch so wichtig, weil es einige unbestreitbar positive Vorteile hat. June Silny von Happify gibt 14 Antworten auf die Frage: „Was ist am Glück überhaupt so toll?"
- Glückliche Menschen sind in vielen Lebensbereichen erfolgreicher, darunter Ehe, Freundschaft, Einkommen, Arbeitsleistung und Gesundheit.
- Glückliche Menschen werden weniger oft krank und bzw. Krankheiten verlaufen günstiger.
- Glückliche Menschen haben mehr Freunde und ein erfahren mehr Unterstützung durch ihr soziales Netzwerk.
- Glückliche Menschen spenden mehr für wohltätige Zwecke (und Geld für wohltätige Zwecke zu spenden macht auch sie glücklich).
- Glückliche Menschen sind hilfsbereiter und eher ehrenamtlich tätig - was wiederum auch glücklicher macht!
- Glücklichen Menschen fällt das Leben leichter, da Optimismus Schmerzen, Traurigkeit und Trauer lindert.
- Glückliche Menschen haben einen positiven Einfluss auf andere und ermutigen sie, auch glücklich zu sein.
- Glückliche Menschen führen tiefere und sinnvollere Gespräche.
- Glückliche Menschen lächeln mehr, was sich positiv auf Ihre Gesundheit auswirkt.
- Glückliche Menschen bewegen sich öfter und essen gesünder.
- Glückliche Menschen sind glücklich mit dem, was sie haben, anstatt eifersüchtig auf andere zu sein.
- Glückliche Menschen sind rundum gesünder und werden in Zukunft eher gesund sein.
- Glückliche Menschen leben länger als unglückliche Menschen.
- Glückliche Menschen sind produktiver und kreativer, was sich auf alle mit positiven Emotionen erstreckt.
Psychische Gesundheit und Glücklichsein
Wie du wahrscheinlich aus der obigen Liste bereits entnehmen kannst, gibt es einen starken Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Glück! Wenn glückliche Menschen gesünder sind, bessere Beziehungen haben, leichter Freundschaften schließen und mehr Erfolg im Leben haben, ist es leicht zu verstehen, warum Glück und psychische Gesundheit miteinander verbunden sind.
Die Quellen, die zum Glück beitragen, sind die gleichen wie der Schutz vor psychischen Erkrankungen, was die enge Beziehung zwischen den beiden erklärt.
Eine aktuelle Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen Glück und psychischer Gesundheit bei Studenten und fand heraus, dass eine relativ starke, positive Korrelation die beiden Faktoren verbindet (Shafiq, Nas, Ansar, Nasrulla, Bushra, & Imam, 2015). Diese Korrelation blieb bestehen, auch wenn Geschlecht und soziodemografische Variablen in den Mix aufgenommen wurden.
Das Streben nach Glück und der Sinn des Lebens
Glück und (gefundenen) Lebenssinn kann man noch deutlicher voneinander abgrenzen. Nur selten können Glück und und Sinn im Leben verwechselt oder ausgetauscht werden. Sie beschreiben aus gutem Grund zwei sehr unterschiedliche Erlebnisse.
Machen wir es konkret. Was ist nun der Unterschied zwischen
- Person A, die einfach nur ein glückliches Leben führt
- und Person B, die ein bedeutsames Leben führt und die für sich ihren Sinn im Leben gefunden hat.
In ihrem Streben nach Glück können Menschen vielen anderen Lebensformen ähneln, aber die Suche nach Sinn im Leben ist das, was uns Menschen ausmacht - und das ist einzigartig. --- Roy Baumeister et al. (2013)
Im Gegensatz zu Glück ist der Lebenssinn im Allgemeinen kein flüchtiger Zustand, der den ganzen Tag über kommt und geht; es ist ein umfassenderes Gefühl, zu etwas beizutragen, das größer und mächtiger ist als man selbst. Man kann sich morgens glücklich und abends unglücklich fühlen. Wer jedoch einen Sinn im Leben gefunden hat, der hat ihn eben gefunden – morgens wie abends.
Wie das Zitat von Baumeister und Kollegen (2013) andeutet, gibt es viele Wege zum einem glücklichen bzw. sinnerfülltem Leben. Scott Barry Kaufman von Scientific American (2016) beschreibt diese Unterschiede, die Baumeister und seine Kollegen gefunden haben, etwas genauer:
- Wie schwer oder wie leicht man es in seinem Leben hat, korreliert mit dem individuellen Glück. Es hat aber keinen Einfluss darauf, einen Sinn im Leben zu finden.
- Auch Gesundheit eines Menschen hängt stark mit seinem Glücksempfinden zusammen. Aber auch hier gilt nicht: je gesünder, desto einfacher findet man seinen Sinn im Leben.
- Sich gut zu fühlen wird mit Glück verbunden, und hat nichts mit dem Sinn des Lebens zu tun.
- Geldknappheit reduziert die Chance auf Glück drastisch - mehr als die Chance, den Sinn des Lebens zu finden.
- Menschen, die einen Sinn in ihrem Leben haben, sind sich einig, dass Beziehungen und Freundschaften wichtiger sind als persönliche Erfolge.
- Menschen in Not zu helfen, empfinden wir als sinnvoll, es macht uns aber nicht unbedingt glücklich.
- Tiefgehende Gedanken hängen eher mit der Suche nach Sinn in unserem Leben zusammen, mit Glücksempfinden haben tiefgehende oder gar philosophische Gedanken weniger zu tun.
- Glück wird mehr mit Nehmen als Geben verbunden - während man Geben für bedeutsamer und sinnhafter hält.
- Je mehr Menschen das Gefühl haben, dass ihre Aktivitäten mit den Kernthemen und Werten ihres Selbst übereinstimmen, desto eher sehen sie einen Sinn in ihren Handlungen.
- Sich selbst als weise, kreativ und sogar ängstlich zu betrachten… das hat viel mit Bedeutsamkeit zu tun, aber nicht so viel mit Glück – im Gegenteil hier existiert eher eine negative Korrelation (Kaufman, 2016).
Zusammenfassend lässt sich also sagen: auch wenn sich Glück und Lebenssinn überschneiden und auch zueinander betitragen können, so sind doch beide Begriffe in erster Linie verschieden (Baumeister et al., 2013).
Mein Fazit
Ich hoffe, dass dieser Beitrag hilfreich und informativ für Dich war. Und dass Du etwas Neues über die wissenschaftliche Erforschung des Glücks lernen konntest.
Dieser Forschungsbereich, die Glücksforschung, ist sehr faszinierend und es kommen immer wieder neue Erkenntnisse ans Licht. Achte darauf, Dich auf dem Laufenden zu halten, was die Glücksforschung noch so an Erkenntnisse liefert. Denn die Ergebnisse können von großem Nutzen sein, wenn es darum geht, ein glückerfülltes (und sinnhaftiges) Leben zu führen!
Wie denkst du über Glück? Würdest Du es anders definieren? Was ist für Dich die wichtigste Sache zum eigenen Glück? Ich freue mich über Deinen Kommentar.
Wie hat Dir Der Artikel gefallen?
Welche Dinge bereiten Dir persönlich Glück?
Und hast Du Deinen Sinn im Leben schon gefunden?
Hallo Andreas,
ich bin bei meiner Recherche auf Deiner Seite gelandet.
Sehr schöne Abhandlungen zu wichtigen Themen bei Dir.
Als Praxisforscher möchte ich Dir ein Buch empfehlen, dass aus meiner Sicht, gut in das systemische Denken passt:
„Scham die tabuisierte Emotion“ von Stephan Marks
Viel Spaß beim Schmökern!
Kollegiale Grüße, Carsten Wichern
Hi Carsten,
Besten Dank für den Tipp!
LG, Andreas
Hi,
interessanter Artikel. Vielen Dank für das veröffentlichen.
Ich wünsche dir weiter viel Erfolg.
Grüße
Christian