Reboxetin schneidet in Tierversuchen hervorragend ab, doch wie sieht es beim Menschen aus? Erfahre hier, was es mit der Kritik um Reboxetin auf sich hat.
Reboxetin ist ein Medikaments, welches in Europa wie andere Antidepressiva gegen Depressionen zugelassen ist. Seine Wirksamkeit soll unter anderem auf dem Wirkmechanismus beruhen, dass es die Wiederaufnahme von Noradrenalin hemmt und es dadurch zu einer Erhöhung der Konzentration von Noradrenalin kommt.
In diesem Artikel erfährst du,
- wie gut Reboxetin bei Depressionen und ähnlichen Indikationen wirklich wirkt,
- wieso das Medikament in den USA gar nicht zugelassen ist,
- welche Nebenwirkungen durch die Einnahme von Reboxetin auftreten können.
Reboxetin (Edronax): ein Wirkstoff aus der Gruppe der Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
Der Wirkstoff Reboxetin ist eines der umstrittensten Medikamente und ein Rätsel für die wissenschaftliche Gemeinschaft. Zunächst einmal ist Reboxetin eine Art von Antidepressivum, das als selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (NARI) bekannt ist. In den USA ist der Wirkstoff gar nicht zugelassen, aber in Deutschland und dem restlichen Europa, wo dieses Arzneimittel verkauft wird, wird es unter den Namen Edronax, Norebox, Prolift, Solvex, Davedax oder Vestra vertrieben - und stößt dabei auf große Skepsis.
Major Depression und Co: wofür wird Reboxetin (Edronax) verwendet?
Als erster selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wird Reboxetin zur Behandlung von Depressionen eingesetzt, vor allem bei akuten Depressionen und schweren Depressionen sowie zur Aufrechterhaltung der Therapie bei Menschen, die gut auf die Behandlung mit Reboxetin angesprochen haben.
Wie wirkt Reboxetin?
Durch die Einnahme von Reboxetin-Tabletten kommt es zur Hemmung der Wiederaufnahme des Neurotransmitters Noradrenalin - ganz ähnlich wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) die Wiederaufnahme von Serotonin blockieren.
Einige würden behaupten, dass Reboxetin bei der Behandlung von Depressionen nicht wirkt - und genau das ist der Grund für die Kontroverse und das Geheimnis.
In einer Meta-Analyse, in der dreizehn verschiedene groß angelegte Studien zur Wirkung von Reboxetin ausgewertet wurden, kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass Reboxetin unwirksam ist, also keinen Nutzen hat und dabei sogar potenziell schädliche Nebenwirkungen hat.
Das Problem dabei ist: In Tiermodellen funktioniert es perfekt. Neue Medikamente werden in strengen Tierversuchen auf ihre Wirkungen und Sicherheit geprüft, bevor sie an Menschen getestet werden oder das mehrstufige Zulassungsverfahren der FDA durchlaufen.
Tierversuche waren ein Erfolg
Ein paar Hintergrundinformationen zu den Tierversuchen: Auf der Grundlage des aktuellen Verständnisses und der Entwicklung der Krankheit werden verschiedene Tiermodelle entwickelt. Diese Tiermodelle werden gründlich validiert, bevor sie in der Arzneimittelentwicklung eingesetzt werden. Es gibt also mehrere Tiermodelle für Depressionen. Die am häufigsten verwendeten Verhaltensmodelle für Depressionen sind der Forced Swim Test und der Tail Suspension Test.
Diese Modelle beruhen auf der Hypothese, dass akute Stressfaktoren bei Tieren zu Verhaltensänderungen führen, die einer Depression ähneln. Ein weiteres häufig verwendetes Modell ist das Neurogenesemodell (Neurogenese ist der Prozess, durch den Neuronen im Gehirn gebildet werden).
Reboxetin wurde in diesen Tiermodellen getestet und hat mit Bravour bestanden. Tatsächlich zeigte Reboxetin in den Tiermodellen eine so starke Wirkung, dass es seitdem als positive Kontrollsubstanz verwendet wird. Das bedeutet, neuere Medikamente werden heute mit Reboxetin verglichen und in diesen Tiermodellen getestet. Es wurde daher auch angenommen, dass es ein Volltreffer bei der Behandlung von Depressionen und depressiven Erkrankungen beim Menschen sein würde. Aber als es in Studien am Menschen getestet wurde, zeigte es wenig bis gar keine Wirkung als Antidepressivum.
Warum ist Reboxetin in Humanstudien gescheitert?
Das Scheitern von Reboxetin wirft zwei wichtige Fragen auf:
- "Sind die aktuellen Tiermodelle für Depressionen noch gültig?" und
- "Verstehen wir den Krankheitsprozess und den Mechanismus der Depression richtig?"
Jede dieser Fragen erklärt den Misserfolg in den Humanstudien, aber die Forscher haben noch keine Details herausgefunden und wissen somit nicht, welches Kriterium nicht erfüllt ist.
Warum ist Reboxetin in Europa noch erhältlich?
Das ist eine gute Frage und ein weiterer Teil der Kontroverse. In den klinischen Studienergebnissen von Reboxetin wurden die negativen Ergebnisse der Studie nicht veröffentlicht. Mit anderen Worten:
Pfizer und Lundbeck, die beiden Unternehmen, die die Studien durchgeführt haben, haben viele ihrer Daten, die keine Wirkung oder einige der bedauerlichen Nebenwirkungen zeigten, nicht veröffentlicht. So ließen sie die Medikamente wirksamer aussehen, als sie tatsächlich waren, und die Nebenwirkungen schienen weniger weit verbreitet oder schwerwiegend zu sein.
Was sind die Nebenwirkungen von Reboxetin?
Sehr Häufig
Hier ein Überblick über die häufigsten Nebenwirkungen (bei mehr als einem von 10 Patienten) von Reboxetin:
- Schlaflosigkeit
- Schwindel
- Mundtrockenheit (Trockener Mund)
- Verstopfung
- Übelkeit
- Schwitzen
Häufig
Die häufigsten Nebenwirkungen (weniger als einer von 10 Patienten) von Reboxetin sind:
- Kopfschmerzen
- Benommenheit
- Appetitmangel oder -verlust
- Unruhe, Angstzustände
- Parästhesie (Kribbeln), Unfähigkeit, still zu sitzen oder zu stehen, verändertes Geschmacksempfinden
- Mangelnde Sehschärfe
- Erhöhte Herzfrequenz, Herzklopfen (Herzstolpern)
- Erweiterte Blutgefäße, Blutdruckabfall beim Aufstehen, erhöhter Blutdruck
- Erbrechen
- Ausschlag
- Gefühl der unvollständigen oder verlangsamten Entleerung der Blase, Harnwegsinfektion, schmerzhaftes Wasserlassen, Unfähigkeit, die Blase vollständig zu entleeren
- Erektile Dysfunktion (Impotenz), Schmerzen beim Samenerguss oder Verzögerung des Samenergusses
- Miktionsbeschwerden (Beschwerden beim Wasserlassen)
- Hautausschlag
- Schüttelfrost
Selten
Die seltenen Nebenwirkungen (zwischen 1 und 10 von 1000 Patienten) von Reboxetin sind:
- Geweitete Pupillen
- Schwindelgefühl
Sehr selten
Die seltenen Nebenwirkungen (zwischen 1 und 10 von 10000 Patienten) von Reboxetin sind:
- Glaukom (ein Zustand, der zu erhöhtem Druck im Auge führt)
Gibt es weitere Nebenwirkungen?
Seit Reboxetin auf dem Markt ist und verwendet wird, wurden auch die folgenden Nebenwirkungen gemeldet:
- Hyponatriämie (sehr niedriger Natriumspiegel im Blut)
- Aggressives Verhalten
- Halluzinationen
- Selbstmordgedanken
- Kalte Extremitäten,
- Allergische Hautentzündungen
- Hodenschmerzen
- Reizbarkeit
- Erhöhter Druck im Auge
Wird Reboxetin jemals in den USA erhältlich sein?
Wahrscheinlich nicht. Obwohl Pfizer hinter dem Medikament steht und es in Europa schon seit über zwei Jahrzehnten erhältlich ist, gibt es keine Anzeichen dafür, dass es in den USA auf den Markt kommt.
- How reboxetine works: International Journal of Neuropsychopharmacology, (2013). “Hippocampal and prefrontal dopamine D1/5 receptor involvement in the memory-enhancing effect of reboxetine.”
- Reboxetine and animal studies: Current Topics in Behavioral Neurosciences(2011). “Animal models of Depression: Molecular Perspectives.”
- Reboxetine controversy: The British Medical Journal (2010). “Reboxetine for acute treatment of major depression: a systematic review and meta-analysis of published and unpublished placebo and selective serotonin reuptake inhibitor controlled trials.”
- https://www.psycom.net/reboxetine-edronax