Cortisol zählt wie Adrenalin zu den Stresshormonen. Es hat eine aktivierende Wirkung auf Psyche und Körper, kann aber bei Dauerstress auch krank machen.
Menschen mit Depressionen oder anderen psychischen Beschwerden haben in der Regel einen verminderten Serotoninspiegel im Gehirn und einen erhöhten Cortisolspiegel im Blut. Da das Stresshormon Cortisol, wie der Name schon sagt, mit Stress zusammenhängt, kann die Umstellung auf einen stressreduzierten Lebensstil ein wichtiger Aspekt bei der Bewältigung deiner Depression sein.
In diesem Artikel geht es
- um die Funktion des Stresshormons Cortisol,
- um die Wirkung von Cortisol auf Psyche und Körper,
- wie ein Cortisolmangel entstehen kann und wie er sich äußert,
- und natürlich um das Thema, was du tun kannst, um deinen Stress zu reduzieren.
Cortisol verstehen
Cortisol ist ein Hormon, das in der Nebenniere, genauer gesagt in der Nebennierenrinde, produziert wird. Die Nebennieren sind die kleinen endokrinen Drüsen, die über unseren Nieren sitzen. Cortisol wird in unserem Körper als Reaktion auf Stress bzw. stressige Situationen ausgeschüttet und ist eines der Hormone, welches an der sogenannten Kampf- oder Flucht-Reaktion (fight or flight) beteiligt ist.
Cortisol spielt eine wichtige Rolle in vielen Bereichen:
- von Stoffwechsel: Verwertung von Glukose (Zucker) in unserem Organismus
- über Herz-Kreislaufsystem: Regulierung des Blutdrucks
- bis hin zur Funktion des Immunsystems.
Zwar haben Stresshormone wie Corstisol und Adrenalin keinen guten Ruf, aber kurzfristig gesehen hat die Cortisolausschüttung und die Ausschüttung von anderen Stresshormonen wie z.B. Adrenalin viele Vorteile. Denn sie bereiten uns auf körperliche Belastungen und emotionale Herausforderungen vor, sorgen für Energieschübe bei Unfällen und lösen einen Anstieg der Immunaktivität aus, wenn wir mit Infektionskrankheiten konfrontiert werden.
Nach diesem durch Cortisol ausgelösten Aktivierungszustand durchläuft unser Körper eine notwendige Entspannungsreaktion. Problematisch wird die Cortisol-Produktion jedoch, wenn du anhaltendem Stress ausgesetzt bist, der zu einer kontinuierlichen Cortisolüberschuss führt.
Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann zu
- hohem Blutzucker,
- Bluthochdruck,
- Herzkrankheit,
- einer verminderten Fähigkeit, Infektionen zu bekämpfen,
- einem gestörten Tagesrhythmus,
- Schlafstörungen,
- Müdigkeit (verminderte Energie),
- und einer verstärkten Fetteinlagerung im Körper führen.
Im Laufe der Zeit kann dies zu einem erhöhten Risiko für ernsthafte Krankheiten wie Diabetes, Herzkrankheiten und Schlaganfällen führen. Das Stresshormon wird also zu Recht in Verbindung mit solchen Erkrankungen gemacht.
Mit anderen Worten: Kurzfristig kann ein Anstieg der Cortisolausschüttung für Betroffene das Überleben sichern, aber langfristig kann ein erhöhter Cortisolspiegel das Gegenteil bewirken und stressbedingte Erkrankungen begünstigen.
Stress, das Gehirn und Depressionen
Wenn du unter Dauerstress stehst, sind deine Stresshormone den ganzen Tag über aktiv. Das ist anstrengend für den Körper und kann dazu führen, dass die Neurotransmitter in deinem Gehirn - wie Serotonin, das Wohlfühlhormon, welches u. a. Stimmung, Appetit und Schlaf beeinflusst - nicht mehr richtig funktionieren. Das kann sich auf unsere Psyche auswirken und zu Depressionen, Ängsten oder innerer Unruhe führen.
Bei gesunden Menschen, die nicht depressiv sind, erreicht der Cortisolspiegel im Blut am Morgen seinen Höchststand und sinkt dann im Laufe des Tages. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass bei Menschen, die an einer Depression leiden, der Cortisolspiegel in der Regel früher am Morgen seinen Höchststand erreicht (das sorgt oft für verfrühtes Erwachen) und sich am Nachmittag oder Abend nicht mehr abschwächt oder verringert (1).
Stattdessen kommt es im Laufe des Tages zu wiederholten Cortisolschüben. Dies wird manchmal als Cortisol-Dysfunktion bezeichnet. Sie kann dazu führen, dass du resistent gegen Cortisol (und all seine positiven Wirkungen) wirst, deine stressbedingten Entzündungen verstärken und sogar Schmerzen verursachen oder verschlimmern (2).
Es wurde außerdem festgestellt, dass Menschen mit einem erhöhten Cortisolspiegel weniger gut auf Psychotherapie bzw. psychotherapeutische Behandlungen ansprechen. Das bedeutet, dass in der Medizin Techniken zur Senkung des Cortisolspiegels, wie z. B. Stressmanagement, ein wichtiger Bestandteil einer Depressionsbehandlung für solche Patienten sein können.
Anzeichen einer stressbedingten Cortisol-Dysfunktion
Woher weißt du nun, dass dein körpereigenes Cortisol möglicherweise nicht richtig funktioniert? Nur ein Bluttest kann das mit Sicherheit sagen. Aber vielleicht merkst du auch bereits, dass sich dein Wohlbefinden verändert. Hier sind ein paar Anzeichen, die mit einem erhöhten Cortisolwert in Zusammenhang stehen und auf die du unbedingt achten solltest (2):
- Blutdruck fällt ab, wenn du aufstehst
- Chronische Schmerzen ohne klare Ursache
- Müdigkeit
- Gedächtnisprobleme
Wenn du eines dieser Symptome hast, solltest du diesen Hinweis Ernst nehmen und dich an deinen Arzt wenden und nach deinem Cortisolspiegel fragen. Möglicherweise wird ein Bluttest angeordnet, um deine Werte zu testen und so Erkenntnisse darüber zu bekommen, ob eine Funktionsstörung bei dir vorliegen könnte.
Es gibt mittlerweile sogar Cortistol-Tests für den Heimgebrauch, z.B. die von Dr. med. Kirkamm. Bei solchen Tests wird das Cortisol im Speichel gemessen, was sogar noch aussagekräftiger sein soll als die Messung im Blut.
Strategien zur Reduktion des Cortisol-Spiegel
Stressabbau kann eine gute Möglichkeit sein, um chronisch erhöhte Cortisolwerte zu senken und so die Auswirkungen einer Depression oder anderer psychischer Beschwerden zu mildern. Hier sind einige Möglichkeiten zum Stressabbau, die du in Betracht ziehen solltest.
Tu jeden Tag etwas, das du liebst
Die Forschung zeigt, dass der Cortisolspiegel mit unserem Lebensglück und unserem innerem Frieden zusammenhängt (3). Wenn du also regelmäßig etwas tust, was dir Spaß macht, kann sich das positiv auf deinen Cortisolspiegel und damit auf deine Psyche auswirken. Selbst wenn es nur 10 Minuten sind, nimm dir Zeit, um das nächste Kapitel deines Romans zu lesen oder Gitarre zu spielen.
Lass dich massieren
Viele Menschen nutzen Massagen, um Stress, Ängste und Spannungen abzubauen. Eine Massage deines Körpers senkt unter anderem auch den Cortisolspiegel und erhöht dafür Serotonin und Dopamin (4). Einfacher ausgedrückt bedeutet das, dass du dich nicht nur auf körperlicher Ebene, sondern auch biologischer Ebene besser fühlst.
Führe ein Tagebuch
Wenn du dir einen Ort gönnst, an dem du alles loswerden kannst, ist das nicht nur befreiend, sondern senkt auch deinen Cortisolspiegel (5). Wenn du zum ersten Mal ein Tagebuch führst, nimm dir jeden Abend ein paar Minuten Zeit und schreibe deine Gedanken auf. Vielleicht merkst du, dass du dich besser fühlst, wenn du deine Emotionen einfach rauslässt.
Meditiere
Meditation baut nachweislich Stress und Ängste ab, hebt die Stimmung und hilft sogar bei körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen (6). All das kann hilfreich sein, wenn du unter Depressionen oder anderen psychischen Beschwerden leidest. Diese stressreduzierende Option funktioniert zum Teil, indem sie dich auf das Hier und Jetzt konzentriert. Aber sie senkt auch deinen Cortisolspiegel im Blut und hat damit auch biologische Vorteile (7).
Versuch es mit Kunsttherapie
Eine Studie hat ergeben, dass der Cortisolspiegel von Menschen bereits 45 Minuten nach dem Malen deutlich gesunken ist (8). Du kannst malen, zeichnen oder fotografieren. Alle diese Kunsttherapien können deine kreative Seite ansprechen und sind eine gute Möglichkeit, dich vom Stress abzulenken.
Sport treiben
Studien haben gezeigt, dass sich aerobe Aktivität positiv auf deinen Cortisolspiegel auswirkt (9). Geh spazieren oder joggen, mach eine Fahrradtour oder tanze um das Haus. Es kommt nicht so sehr darauf an, was du tust, sondern nur darauf, dass du dich in irgendeiner Form körperlich betätigst.
Mehr Tageslicht und frische Luft
Hast du schon einmal einige Zeit im Freien verbracht und festgestellt, dass du dich danach besser fühlst? Das kann zum Teil daran liegen, dass die Sonnenstrahlen deinen Cortisolspiegel senken, vor allem in den Sommer- und Frühlingsmonaten (10). Auch eine Lichttherapie (im Herbst und Winter) kann helfen, und sie ist das ganze Jahr über möglich.
Gut schlafen
Wenn du unter Schlafmangel leidest, steigt dein Cortisolspiegel und damit auch dein Stresslevel (11). Genügend Schlaf und ein regelmäßiger Schlafrhythmus (zur gleichen Zeit aufstehen und zu Bett gehen) helfen dabei, Depressionen vorzubeugen und die Stimmung zu verbessern.
Mein Fazit
Es gibt viele Möglichkeiten, wie sich (zu viel) Cortisol negativ auf unsere Psyche auswirken oder die Behandlung von psychischen Störungen erschweren kann. Deshalb ist es für deine körperliche und psychische Gesundheit so wichtig, dass du einen Weg findest, deinen Stress und dein Cortisol zu senken. Maßnahmen wie die hier vorgestellten können dir helfen, dich schneller besser zu fühlen und deinen Weg zur Genesung zu erleichtern.
- https://www.verywellmind.com/cortisol-and-depression-1066764